Mir ist aufgefallen, dass ich sehr oft Blogeinträge schreibe, ohne vorher über gewisse Themen zu beten. Oft hilft es, wenn man eine Nacht über etwas schläft, um Situationen besser einschätzen zu können. So ist es auch neulich gewesen, als ich z.B. über Regina, einer mir sehr wichtigen Freundin, geschrieben habe.
Mein Problem war und ist, dass ich noch nicht wirklich geistig angekommen bin in Deutschland. Ich denke und lebe noch so, wie in Amiland. In Kentucky war es selbstverständlich, dass alles und jeder dir Hilfe angeboten hat. Die neuen Studenten mussten z.B. keinen Finger rühren. Ihr LKW (oder Papa's Auto) voller Krams kam vorgefahren, und zig Studenten stürmten hin und griffen sich alles, was nicht angenagelt war, um es der Person in ihr neues Zimmer zu bringen. Gerade auf neue Leute wurde SEHR grosse Rücksicht genommen und sie wurden extra-herzlich begrüßt.
Das ist nicht nur auf unserer Bibelschule so gewesen, sondern generell ein typisch amerikanisches Konzept: Man kommt in einen Laden, und der Verkäufer kommt freundlich auf einen zu und fragt, wie er helfen kann. Für Deutsche wirkt dies oft aufdringlich und belästigend, in den USA ist es jedoch allgemeine Höflichkeit, die ich zu schätzen und lieben gelernt habe. In Deutschland ist es schon schwer genug überhaupt mal einen Verkäufer zu finden, und ihn dann dazu zu bewegen einem zu helfen, ist nochmal eine andere Geschichte. Dieses auf-jemanden-zukommen gibt es hier SEHR selten und wird, wie gesagt, nicht als nette Geste verstanden.
Ich komme also nach Deutschland und habe dies als selbstverständlich angenommen. Ich vergaß, dass man in Deutschland erstmal wen fragen muss, wenn man Hilfe bei etwas haben möchte. Dies ist weder "besser" noch "schlechter" als in den USA, es ist einfach nur anders. Und diese Andersartigkeit hatte ich vergessen. Dadurch habe ich z.B. von den Leuten bei uns im Haus mehr erwartet / vorausgesetzt / als selbstverständlich angesehen, als richtig war. Schliesslich leben wir ja in einer anderen Kultur hier! Das war mein Fehler. Der Prinz hat diesen Fehler z.B. nicht gemacht: Er hat einfach viele Leute gefragt, und viele Leute kamen dann auch zum helfen!
Ich möchte mich hiermit auch aufrichtig bei der Regina entschuldigen - nochmal offiziell auf dem Blog (persönlich habe ich das schon am Montag gemacht). Es tut mir echt Leid, dass ich meine... sagen wir mal "kulturellen" Vorerwartungen auf Deutschland projiziert habe und somit ganz falsche Erwartungen an Leute gesetzt habe.
Mir ist noch etwas aufgefallen: Durch die Erziehung meiner Eltern bin ich ja irgendwie geprägt. Dies ist mir neulich bewusst geworden, als mir Regina sagte, dass Ina, die Freundin vom Arc, erwähnt hatte, dass Ordi doch genau zu wissen scheint, was er macht und was er will, so dass er doch scheinbar gar keine Hilfe braucht. Ich erweckte also den Eindruck, dass ich recht selbständig mein Ding da durchziehe, und Hilfskräfte eigentlich nur im Weg wären. Hmmmm... krass.. ich verstehen auch irgendwo, wieso das so ist: Seitdem ich ein kleiner Stöpsel war, wollte ich schon immer selbständig und unabhängig sein. Ich blieb nie im Arm meiner Eltern, sondern wollte stets selber laufen.
Mein Papa war und ist sehr Argumente-orientiert. Wenn wir etwas diskutierten, hatte er meist die besseren Argumente. Wenn ich irgendwie Recht behalten wollte, so musste ich meine Argumente mit Selbstsicherheit und Stärke präsentieren und vertreten. Wenn wir redeten, war es sehr schlecht, wenn man nicht wusste, wovon man sprach. Ich musste also oft zeigen, dass ich wusste, was ich will, und wovon ich spreche.
Meine Mutter war genau das Gegenteil: Sie gab und gibt mir ständig sooooo viele Dinge. Sie bietet mir dies und jenes an und würde mir am liebsten alles kaufen. So hatte ich mich einerseits daran gewöhnt, dass mir ständig Hilfe und andere Dinge angeboten werden, ohne dass ich fragen muss, andererseits hatte ich mir auch angewohnt selbstsicher und selbstbewusst aufzutreten - also ein Bild zu erzeugen von jemandem, der genau weiss, was er will.
Diese Kombination hat (so denke ich mal) die meisten Leute auf den ersten Blick abgeschreckt: "Der braucht keine Hilfe. Der hat alles schon genaustens geplant." Kein Wunder, dass da niemand Hilfe anbietet, wenn ich soetwas ausstrahle, right?
Des Weiteren habe ich eine zu krasse Verallgemeinerung an den Tag gelegt: Nicht alle Leute, die hier in den WG's wohnen, wussten z.B., dass wir oben am Streichen waren. Das haben viele Leute ja erst im Nachhinein erfahren. Besonders die Mädels haben davon ja nichts gewusst, so dass es recht doof war von mir, dass ich "gehofft" oder "erwartet" hatte, dass jetzt jeder zum helfen herbeistürmt. Jedoch HABEN besoners die Mädels sehr viel geholfen: Sie haben z.B. ständig Essen gekocht und uns Jungs eingeladen mit ihnen zu essen. Das war sooo hammer! Ich bin echt beeindruckt! :) Leider kann ich das immer so schlecht in Worte fassen - besonders im RealLife. :/
Wenn sie das hier lesen möchte ich ihnen jedoch von Herzen danken: Ihr seid KLASSE, Mädels! ;)
Ok, das war jetzt ein SEHR langer "Korrektur" Eintrag, aber ich denke, der musste jetzt einfach mal sein.
Tags: Korrektur, Freunde, Deutschland, USA
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